Über Ostern waren Florian Hellberg, Peter und Hans Riesch zusammen mit dem Photographen Christian Weiermann auf einem Skitrip in Swanetien unterwegs. Swanetien ist der südliche Teil des Großen Kaukasus im Nordwesten von Georgien. Eine wilde Gebirgsregion mit markanten Gipfeln wie dem Ushba (4710 m), Tednuldi (4858 m) und Schchara (5200 m), dem höchsten Berg Georgiens. Seine Bergdörfer gehören zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Im Morgenlicht fliegen wir im Helikopter über den Kasebi Gletscher in Richtung der 4858 Meter hohen Eispyramide des Tednuldi. Beim Näherkommen zeichnet sich die markante Westflanke ab, über die wir Abfahren wollen. Die letzten Details der Linie kundschaften wir noch im Anflug aus. Nach dem Ausstieg aus dem Helikopter im Wind und Lärm des Rotors lässt uns unser schwedischer Pilot Beni am Ausgangspunkt dem Fuß der mächtigen Gipfelpyramide zurück. Es kehrt ein Moment der Ruhe ein. Der Ausblick rundum ist gekennzeichnet durch unzählige, spektakulär anmutende Gipfel und wild zerklüftete Gletscher. Ab jetzt gilt es! Wir verstauen unsere Ski am Rucksack, ziehen unsere Steigeisen an und beginnen mit unserem Eispickel in der Hand den Anstieg zum Gipfel.
Unser Ausgangspunkt ist der Ort Mestia auf 1400 Meter Höhe. Es ist der bedeutendste Ort Swanetiens, sogar mit eigenem Flughafen. Wobei der nur bei gutem Wetter mit kleinen Maschinen angeflogen wird. Deshalb haben wir den Anfahrtsweg mit dem Auto über die Schwarzmeerküste gewählt. Ein etwa fünfstündiger Ritt über eine Teils abenteuerliche Straße entlang des Enguri Stausees mit seiner 270 Metern hohen Staumauer. Mestia liegt umrahmt von 4000 bis 5000 Meter hohen Bergen und ist ein Ort von Gegensätzen. Der futuristische Flughafentower aus Glas liegt in mitten von teils zerfallenen Wehrtürmen aus dem 11. und 12. Jahrhundert. Am modernen 4er Sessellift ist ein Parkplatz für ca. 10 Autos. Für Besucher ist die Trinkfestigkeit eine wichtige Anforderung! Mit Chacha, dem traditionellen georgischen Schnaps der aus Resten der Weinherstellung gewonnen wird und 70% Alkohol enthält, wird nicht gespart.
Wegen der Weitläufigkeit und der wenig ausgebauten Infrastruktur ist die Anreise zu den meisten Bergen sehr langwierig. Wir werden unterstützt von Flory Kern Heliski und können so den Zugang zu unseren Projekten mittels Helikopter komfortabel abkürzen. Am ersten Tag nach unserer Ankunft starten wir gleich in der Früh in die Gvala Range, eine Kette direkt bei Mestia die eingerahmt von Ushba und Elbrus auf der einen und Tednuldi auf der anderen Seite ist. Nach dem Anflug mit dem Helikopter steigen wir auf den Gipfel des Banguriani mit einer Höhe von 3838 Metern. Die Luft ist so klar, dass wir den gesamten Kaukausus bis zum Kasbek in 150 km Entfernung überblicken. In der Abfahrt über alpines Terrain finden wir perfekten Powder bis ins Tal von Mestia. Am nächsten Tag gehen wir unser größtes Projekt der Reise an, den Gipfel des Tednuldi (4858 m) und die Abfahrt über die Westflanke (siehe Foto). Auch hier kürzen wir die Anreise, die zu Fuß fast zwei Tage dauern würde, mit dem Helikopter ab.
Der Anstieg zum Gipfel ist kräftezehrender als gedacht. Die Höhe und die Größendimension machen sich bemerkbar. Leider schaffen es nur Christian Weiermann und Florian Hellberg auf den Gipfel, da der der Rest des Teams krankheitsbedingt geschwächt ist. Die Steilabfahrt von der Schulter des Gipfels auf ca. 4600 Metern in die Westwand ist mit ca. 50° Steilheit und knappe 600 Höhenmetern Länge spektakulär. Die Verhältnisse sind aber gut und mit 25m Abseilen über die Blankeisbereiche im Einstieg gelingt Florian Hellberg vermutlich die erste Skibefahrung der Tednuldi Westwand. Die Abfahrt führt uns danach noch durch riesige Spaltenzonen und Engstellen des Kasebi Gletschers hinab bis auf 2300 m. Eine großartige Abfahrt mit insgesamt 2300 Höhenmetern und 7 km Länge.
Der zweite Teil der Reise führt uns nach Ushguli einem kleinen Ort am Ende der Enguri Schlucht. Für die 40 km Wegstrecke von Mestia benötigen wir vier Stunden mit einem geländetauglichen Auto und bei guten Straßenbedingungen. Wir sind uns einig, dass wir die Straße nicht unter schlechten Straßenbedingungen kennenlernen wollen. Sie führt durch enge Schluchten mit lockerem Gestein und muss nach jedem Regen von Murenabgängen freigeräumt werden. Ushguli liegt auf fast 2200 Meter Höhe über dem Meeresspiegel am Fuße des Schchara, mit 5200 Metern dem höchsten Berg Georgiens. Es ist bekannt für seine Wehrtürme weswegen es seit 1996 Teil des UNESCO-Welterbes ist. Jedes Haus hat hier seinen eigenen Festungsturm (Wehrturm), der einst vor Blutrache bei Sippenfehden oder vor Angriffen äußerer Feinde schützte. Von hier aus starten wir auf Skitourengipfel mit weniger bekannten Namen dafür in einzigartiger Szenerie: Unter uns liegt Ushgulimit seinen bis zu 30 m hohen Wehrtürmen und seiner Klosterkapelle aus dem 12. Jahrhundert. Im Hintergrund lichtet sich der Nebel und eröffnet den Blick auf den beeindruckenden Schchara Südgrat. Ein Moment, der sich nachhaltig in unseren Köpfen einprägt.
Vielen Dank an Marmot für die Unterstützung, Flory Kern für den großen Support vor Ort und Irakli unserem Fahrer mit immer guter Musik im Auto.